Montag, 4. November 2013

Ein unerwarteter Einwand gegen die Ganztagsschule.

K.Schwarz  / pixelio.de

Das online-Magazin scinexx des wissenschaftlichen Springer-Verlags (Berlin-Heidelberg-New York) berichtet soeben über eine merkwürdige Studie der beiden amerikanischen Psychologen Maryam Kouchaki von der Harvard University und Isaac Smith von der University of Utah. Denen war aufge- fallen, dass bei vielen Testreihen, die sie an ihren Instituten durchgeführt hatten, die durchschnittlichen Ergebniss danach unterschieden, ob sie am Vor- oder am Nachmittag durchgeführt worden waren: In den vormittäglichen Tests schienen sich die Probanden im Schnitt moralischer zu verhalten als am Nachmittag. Daraufhin führten sie Testreihen zu ebendieser Frage durch, und siehe da: Die Tests bestätigten ebendies! (Psychological Science, 2013; doi: 10.1177/0956797613498099)

"Sie kamen bei ihren Auswertungen außerdem noch zu einem weiteren interessanteren Ergebnis: Bei Menschen, die bei den Versuchen grundsätzlich mehr moralisches Verhalten an den Tag legten, war der Morgen-Nachmittag-Effekt stärker. Die Schlawiner sind eher immer ähnlich unehrlich, bei den grundsätzlich Aufrichtigen bröckelt hingegen die Moral am Nachmittag deutlich.


Vermutlich hat das Phänomen etwas mit schwindender Selbstkontrolle zu tun, erklären Kouchaki und Smith. Es ist bereits bekannt, dass die Selbstdisziplin im Laufe des Tages nachlässt. Offenbar spiegelt sich diese Tendenz also auch beim moralischen Verhalten wider. 'Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Tageszeit beeinflussen kann, ob eigentlich gute Menschen moralisch fragwürdig handeln', resümieren die Forscher. Ihnen zufolge könnte diese Information beispielsweise für Organisationen nützlich sein: Ist moralisches Verhalten etwa bei Veranstaltungen besonders gefragt, ist der Morgen die beste Zeit."

Es ist freilich nicht so, dass sich im Verlauf der Tages die moralischen Urteile der Menschen verschöben. Es ist nur eben so, dass sie nicht mehr so recht auf sich Acht geben.

Wie jeder Büroleiter bestätigen kann, bringen seine Mitarbeiter nach der sechsten Arbeitsstunde nicht mehr viel. Jetzt wissen wir: Es ist nicht nur die Dauer der Arbeit, die die Konzentration beeinträchtigt; es ist die Tageszeit selbst. 

Dass Erziehungswissenschaftler für den gesunden Menschverstand kein Ohr haben, wissen wir. 

Doch die Ergebnisse der empirischen Psychologie werden ihnen ja wohl zu denken geben: Schule am Nachmittag ist verlorene Zeit, für beide Seiten.




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