Dienstag, 13. Dezember 2016
Die Gleichmacherei auf den Zeugnissen verschärft die tatsächliche Ungleichheit.
Der Vorschlag des Lehrerverbandes, dass einzelne Bundesländer die Zeugnisse aus gewissen anderen Bundesländern einfach nicht mehr anerkennen sollen, macht mehr Furore als die neuesten PISA-Resultate. Er hat auch mehr mit einer Realität zu tun, die zwar allgemein "gefühlt", aber kaum einmal untersucht wird: Die Abschlussprüfungen werden immer leichter, sodass immer mehr Schüler sie bestehen können, aber dafür werden die Abgangszeugnisse immer weniger wert.
Der Präsident des Lehrerverbandes legt aber ein Zahl vor (keinen Test): In Berlin haben sich die Abtitur- zeugnisse mit der Durchschnittsnote 1,0 in den letzten zehn Jahren vervierzehn(14!)facht.
Die FAZ kommentiert heute;
"Und schließlich stellen sich Schulen, die freigiebig Spitzennoten verteilen, damit selbst ein gutes Zeugnis aus. Die unangenehmen Aspekte der Leistungsprüfung werden an die nächste Institution weitergereicht. Die aber reagiert, wie im Fall der Hochschulen, ihrerseits genau so: Durchschnittsnote 1,8 über alle Fächer hinweg.
Also finden die Fiktionen erst spät ein Ende, wenn Arbeitgeber feststellen, dass Zeugnisse uninformativ sind. Und wenn Bewerber feststellen, dass sie sich für all die Euphemismen und Überzuckerungen, die ihren Bildungsweg begleitet haben, außerhalb des Bildungssystems nichts kaufen können, weil innerhalb schon lange niemand mehr an diese Währung glaubte. Es treten die üblichen Ersatzwährungen ins Mittel: Vitamin B, Praktika als Teststrecke, Assessment-Center, Zertifikate aus stärker selektiven Einrichtungen.
Mittelfristig wird diese Aushöhlung der Logik von Abschlussprüfungen zu einem System zwingen, das mit Eingangsprüfungen operiert. Wer die besten Mittel hat, um sich auf solche Eingangsprüfungen vorzuberei- ten, ist leicht ersichtlich. Das vermeintlich wohlmeinende Absehen von Strenge läuft auf ein Ungleichheit verstärkendes System zu. Wer es besichtigen will, kann das in den Vereinigten Staaten tun. Den Funktionä- ren der GEW, die gleich gerufen haben, mit dem Berliner Abitur sei alles in Ordnung, sei ein Blick dorthin empfohlen."
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