Dienstag, 23. Mai 2017

Ein bisschen was ist an der Intelligenz doch ererbt.

tacticaltoolsusa
aus derStandard.at, 22. Mai 2017, 18:11

40 Gene entdeckt, die mit Intelligenz in Verbindung stehen
Analyse genomweiter Assoziationsstudien an fast 80.000 Personen brachte einflussreiche Erbanlagen ans Licht

Amsterdam/Wien – Umwelteinflüsse spielen eine wichtige Rolle, doch dass Intelligenz zu einem erheblichen Teil erblich bedingt ist, haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Studien gezeigt. Seither suchen Forscher nach spezifischen Genen, die damit in Zusammenhang stehen.

Den bislang größten Erfolg melden nun Wissenschafter der Freien Universität Amsterdam: Wie sie im Fachblatt "Nature" berichten, konnten sie durch die Analyse genomweiter Assoziationsstudien an 78.308 Personen (Kinder und Erwachsene) insgesamt 40 Gene identifizieren, die offenbar für Intelligenz mitverantwortlich sind. Der Großteil davon ist im Gehirn aktiv und in Zellentwicklungsprozesse involviert. Die neuen Informationen könnte helfen, mehr über Intelligenzunterschiede und Hirnentwicklung zu erfahren.


Medizinische Grundlagenforschung

"Die sehr hohe Erblichkeit von Intelligenz war schon lange bekannt, aber wir kannten bisher die molekularen Grundlagen nicht. Dank der Größe der Studie ist es nun erstmals möglich geworden, konkrete Gene und damit zelluläre Prozesse zu benennen, die zu dem Merkmal Intelligenz beitragen", kommentierte der Genetiker André Reis von der Universität Erlangen-Nürnberg, der selbst nicht an der Studie beteiligt war, das Ergebnis.

Eine wichtige Frage sei nun, ob die gleichen zellulären Mechanismen und Prozesse, die bei Intelligenzstörungen identifiziert wurden, auch für die allgemeine Intelligenz relevant sind. Reis:"Wäre dem so, könnte das medizinische Implikationen haben." (red, 22.5.2017)

Abstract
Nature: "Genome-wide association meta-analysis of 78,308 individuals identifies new loci and genes influencing human intelligence"



 aus scinexx
 

Intelligenzgene identifiziert
Großstudie belegt erstmals klar die polygene Basis unserer geistigen Leistungen 

52 Gene - mindestens: Unsere Intelligenz beruht auf unzähligen Genfaktoren, statt auf nur einem oder einigen wenigen Genen. Das bestätigt die bisher umfassendste Großfahndung nach Intelligenzgenen im menschlichen Erbgut. Sie identifizierte 52 Gene mit Einfluss auf unsere geistigen Leistungen. Doch selbst diese Gene bestimmen nur knapp fünf Prozent unserer Intelligenz, wie die Forscher im Fachmagazin "Nature Neuroscience" berichten. Ein genetischer IQ-Test droht daher wohl auch in Zukunft nicht.

Was bestimmt, wie intelligent ein Mensch wird? Sind es die Gene, die Umwelt oder doch beides? Nachdem jahrzehntelang darüber gestritten wurde, welche Faktoren den größeren Anteil an unserer Intelligenz haben, scheint sich nun die Vererbung als wichtigster Einflussfaktor durchzusetzen. Nach neueren Schätzungen könnten bei Erwachsenen sogar rund 80 Prozent der geistigen Leistungsfähigkeit auf die Gene zurückgehen.

Großfahndung im Erbgut

Aber auf welche? Klar schien bisher nur, dass es das eine entscheidende Intelligenzgen wohl nicht gibt. Jetzt haben Danielle Posthuma von der Freien Universität Amsterdam und ihre Kollegen erstmals schlüssige Beweise dafür geliefert, dass unsere Intelligenz durch das Zusammenwirken unzähliger verschiedener genetischer Faktoren geprägt wird.

Für ihre Studie verglichen die Forscher das Erbgut von gut 78.000 Kindern und Erwachsenen europäischer Abstammung. Alle Teilnehmer hatten zuvor an Intelligenztests teilgenommen. Die Forscher fahndeten nun nach DNA-Abschnitten und Genen, die beispielsweise bei Individuen hohe Intelligenz besonders häufig auftraten.

52 Gene identifiziert

Tatsächlich wurden die Wissenschaftler fündig: Sie identifizierten 52 Gene, für die sie einen Zusammenhang mit der Intelligenz ihrer Träger feststellen konnten. 40 dieser Gene waren in diesem Kontext Neuentdeckungen. Die meisten der neuentdeckten Intelligenzgene sind im Gehirn aktiv, wie die Forscher feststellten. Sie beeinflussen unter anderem die Bildung von Synapsen, die Wachstumsrichtung von Axonen oder die Reifung von Nervenzellen. Viele von ihnen sind auch an der Regulation der Zellentwicklung beteiligt.

Die Wissenschaftler entdeckten auch einige Genvarianten, die einen positiven Effekt auf die Intelligenz haben und dafür Schizophrenie und Übergewicht unterdrücken helfen. Andere scheinen neben der Intelligenz auch das Schädelvolumen, die Neigung zu Autismus oder die Körpergröße zu beeinflussen. 

Viele Gene – ein Merkmal

"Diese Funde liefern uns zum ersten Mal klare Hinweise auf die biologischen Mechanismen, die der Intelligenz zugrunde liegen", sagt Posthuma. Auch wenn von den meisten dieser Gene die genaue Funktion noch unbekannt ist, bestätigen die Ergebnisse, dass unsere Intelligenz tatsächlich auf vielen kleinen genetischen "Füßchen" ruht. 

"Die genetische Architektur der Intelligenz ist offenbar vergleichbar mit der der menschlichen Körperlänge", kommentiert der Humangenetiker André Reis von der Universität Nürnberg-Erlangen die Studie. "Bei der Körpergröße tragen Tausende von genetischen Varianten mit jeweils extrem kleinen Effektstärken zur insgesamt hohen Erblichkeit des Merkmals bei." Ähnlich scheint es bei der Intelligenz zu sein.

Warum es keinen IQ-Gentest geben wird

Allerdings: Selbst alle neuentdeckten Intelligenzgene zusammen könne gerade einmal 4,8 Prozent der Intelligenz-Unterschiede bei uns Menschen erklären. Anders ausgedrückt: Bei den verbleibenden rund 75 Prozent der genetischen Veranlagung zur Intelligenz kennen wir bisher die zugrundeliegenden Gene noch nicht. "Die Suche nach konkreten Genen ähnelt der Suche nach der Stecknadel im Hauhaufen", erklärt Stern. 

Das bedeutet auch, dass wir wohl keine Angst vor einem zukünftigen IQ-Gentest haben müssen: "Es erscheint wenig wahrscheinlich, dass eines Tages genetische Tests für Intelligenz möglich werden", kommentiert Reis. "Dazu haben die bekannten Varianten einen zu geringen prädiktiven Wert – ihre Vorhersagekraft für das Gesamtmerkmal ist zu gering." Hinzu kommt: Die Gene bilden zwar die Basis unserer geistigen Leistungen. Ob wir diese Basis aber nutzen und Ausbauen, entscheiden die Umwelteinflüsse im Laufe unseres Lebens. (Nature Neuroscience, 2017; doi: 10.1038/ng.3869

(Nature/ Vrije Universiteit Amsterdam, 23.05.2017 - NPO)


Nota. - Der jahrzehntelange Streit über Erblichkeit oder Umweltprägung war nur zu einem kleinen Teil ein wissenschaftlicher. In der Hauptsache war er ideologisch und war geprägt durch ein kämpferisches Standes- interesse. 

Als in den sechziger Jahren die pädagogischen Berufe explodierten, machten sich gleichzeitig - Zufall? - in den akademischen Ausbildungsstätten neomarxistische geistes- und sozialwissenschaftliche Theorien breit, die allenthalben auf "materialistische Ableitung" drangen, aber gerade nicht die Genetik, sondern die Soziali- sation dafür erkannten. 

Die erwünschte Folge war: Nicht 'die Natur', sondern 'Schule' (ohne Artikel) galt als Brutstätte der Intelli- genz, mit andern Worten: die Lehrer. Besonders die, die sich gerade in Ausbildung befanden fühlten sich beflügelt und zu erheblichen Ansprüchen befugt. Dabei ist es bis heut geblieben..

(Dies zum Abschluss: Die genetische Disposition ist immer nur die eine Seite. Die andere Seite ist, was das Individuum lebensgeschichtlich daraus macht, und dabei spielen seine Mitmenschen allerdings eine Rolle: Sie können es ermuntern oder entmutigen.)
JE




Dienstag, 16. Mai 2017

Doppelt hält besser.



"Berlins Schulen werden gefährlicher: Zum fünften Mal in Folge haben die Vorkommnisse zugenommen, die als „schwere körperliche Gewalt“ von den Schulen gemeldet wurden. Dies zeigt die aktuelle Statistik der Bildungsverwaltung, die dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach summierten sich allein im ersten Schul- halbjahr 2016/17 diese schweren Gewaltvorfälle auf 430 – so viel, wie noch vor wenigen Jahren im ganzen Schuljahr gemeldet wurden. Auch in allen anderen Delikten gibt es steigende Zahlen."

Der Tagesspiegel, Berlin, 16. 5. 2017 

Was kann man denn da machen?! Na, das liegt doch auf der Hand: Am besten, man hält sie am Nachmittag auch noch in der Schule fest, wo sie einander nicht ausweichen können. Da können sie dann lernen, wie man mit Aggressionen umgeht und wie man Niederlagen einsteckt; es ist schließlich ein Ort sozialen Lernens!

Vor zweihundert Jahren schon hat Johann Friedrich Herbart, der in Deutschland die wissenschaftliche Pädagogik begründet hat, vor der Schule gewarnt als einem Ort, wo eine unnatürlich goße Masse von Kindern künstlich zusammengepfercht sei, und wo so unvermeidlich all die unguten Eigenarten, die Kinder schließlich auch haben, zusammengeballt und forciert würden, die in Gruppen von der Größe, die sie von sich aus bilden, von ihren guten Eigenschaften bei weitem überlagert und neutralisiert werden.

Dass ausgerechnet Kinder "aus bildungsfernem Milieu" dazu herhalten müssen, in der Öffentlichkeit die Absurdität der Ganztagsschule zu rechtfertigen, ist ein Zynismus, den sich nur erlauben kann, wem die eigenen Standesinteressen näher liegen als das Zusammenleben der Generationen; von der Bildung der Kinder gar nicht zu reden.