Schulfach Turnen
entstand aus militärischen Gründen
Eine Schweizer Studie zeigt, dass die Gestaltung der Schule der
vergangenen 150 Jahre ein Abbild gesellschaftlicher Erwartungen war
Bern – Turnen aus militärischen Gründen, Werken wegen Wirtschaftskrisen und das Lernen von Fremd- sprachen aus ökonomischen Überlegungen heraus: Die Schule sei eine gesellschaftliche Problemlösungs- agentur gewesen, die sich je nach historischem Kontext veränderte, schreibt der Schweizerische National- fonds (SNF), der das Projekt unterstützt hat, bei dem erstmals die inhaltliche Entwicklung der Schule über die Schweizer Landesteile hinweg vergleichend untersucht wurde. Dafür haben die Forschenden Inhalte von Lehrmitteln, Schulbüchern und Lehrplänen von zehn Kantonen aus den vergangenen 150 Jahren rekonstruiert und analysiert.
Fremdsprache wegen wirtschaftlichen Nutzen
Die Analyse zeigt, dass beispielsweise der wirtschaftliche Nutzen lange das dominierende Argument für die Einführung einer Fremd- respektive Landessprache war.
Weiters zeigt die Studie, dass das Fach Geschichte erst in den 1960er-Jahre zu einem kritisch-reflexiven Unterricht wurde, der auf politische Mündigkeit und Teilhabe zielte. Zu einem eigenständigen Schulfach hat es die politische Bildung nur im Tessin vorübergehend geschafft, obwohl das seit den 1870er-Jahren immer wieder gefordert wurde.
Der Aufschwung der Wissenschaften im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte einen großen Einfluss darauf, welche Fächer gelehrt wurden. "Mit ihren Erkenntnissen kam im 19. und 20. Jahrhundert neues Wissen in die Schule", wird Lucien Criblez, Gesamtleiter des Projekts, in der Mitteilung zitiert.
Stabile Fächerliste
In den 1970er-Jahren kam es wieder zu substanziellen Veränderungen, da sich zwischen 1960 und 1980 die Bezüge zur Wissenschaft erneut verstärkten, vor allem durch neue Sozialwissenschaften wie Erziehungs- wissenschaft und Psychologie.
Dadurch veränderten sich auch die Akteure, die Einfluss auf die Lehrpläne nehmen konnten: Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten Lehrerverbände, Seminardirektoren und Schulinspektoren das Sagen gehabt. Ab den 1970er-Jahren nahm der Einfluss von wissenschaftlichen Experten auf die Schulinhalte zu, wie die Studie zeigt.
An der Forschung waren rund 25 Forschende der Universitäten Genf und Zürich und der Pädagogischen Hochschulen der Fachhochschulen Nordwestschweiz, Zürich und Tessin beteiligt. (APA, 19.1.2017)
Nota. - Die Schweiz war früher ein armes Land. Da haben sie sich angewöhnt, auf Rappen und Fränkli zu achten, und dem sind sie bis heute treu geblieben. Aber wie war das mit Preußen-Deutschland? Wir waren dagegen der Hort des weltweit bewunderten Deutschen Idealismus; war die Entwicklung der Schulen bei uns womöglich weniger materiell geprägt?
Als bei uns die Wehrpflicht abgeschafft wurde, wurde das Turnen an den Schulen jedenfalls nicht gleich mitgestrichen. Es wird vielmehr überall für eine Ausweitung der Leibesübuingen plädiert, in Österreich plant man gar eine tägliche Turnstunde. Nicht aus wirtschaftlichen Erwäungen, sondern für das Wohl unserer Kleinen; und vielleicht auch ein klein bisschen, um die Krankenkassen zu entlasten...
JE
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