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Hunde: Dümmer durch Domestikation?
Haushunde schneiden beim selbstständigen Lösen von Problemen schlechter ab als Wölfe
Hunde
haben durch ihre enge Beziehung zum Menschen offenbar einiges an Grips
und Selbstständigkeit eingebüßt. Denn wenn sie allein ein Problem lösen
sollen, verlieren sie schnell die Lust und blicken stattdessen
hilfesuchend zum Menschen. Wölfe dagegen knobeln solange, bis sie es
geschafft haben, wie ein Experiment belegt. Das Versagen der Hunde
spricht dafür, dass die starke Ausrichtung auf uns Menschen ihre
Problemlöse-Fähigkeiten hemmt, wie Forscher im Fachmagazin "Biology
Letters" berichten.
Hunde sind echte Menschenkenner: Sie folgen unseren Blicken, erkennen unser Lächeln und entnehmen unserer Tonlage selbst feine Nuancen unserer Stimmung. Doch diese Anpassung an den Menschen scheint nicht ohne Kosten zu sein. Bereits 2014 fanden Forscher heraus, dass Hunde schlechter zählen können als ihre wilden Verwandten, die Wölfe.
Monique
Udell von der Oregon State University in Corvallis und ihre Kollegen
haben nun ein weiteres Indiz dafür gefunden, dass Domestikation die
Hunde in gewisser Hinsicht eher dümmer machte. In ihrem Experiment
testeten sie, wie gut Wölfe und Hunde eine knifflige Aufgabe lösten.
Dafür legten die Forscher im Beisein des Hundes eine Wurst in eine
durchsichtige Plastikbox. Ihr Deckel ließ sich jedoch nur abziehen, wenn
die Tiere an einem daran befestigten Seil zerrten.
Wölfe schaffen es, Hunde nicht
Wie
sich zeigte, lösten acht von zehn Wölfen die Aufgabe problemlos. Sie
zerrten und bissen so lange an der Box herum, bis sie den Deckel
erfolgreich abgezogen hatten. Nicht so die Hunde: Schon nach kurzer Zeit
gaben sie auf und blickten sie hilfesuchend zu dem im Raum anwesenden
Menschen. "Die Hunde verbrachten signifikant mehr Zeit damit, zum
Menschen hinzusehen, als die Wölfe", berichten die Forscher.
Wölfe tüfteln solange, bis sie die Aufgabe gelöst haben.
Die
magere Erfolgsbilanz: Von den zehn Haushunden schaffte es keiner, die
Box zu öffnen, unter den zehn Hunden aus dem Tierheim gelang dies nur
einem. Und dies änderte sich auch kaum, als der Mensch den Hunden
Rückmeldung gab und sie aktiv zum Weitermachen ermunterte. Zwar
beschäftigten sie sich dann länger mit der Box, von den 20 Hunden
schafften es aber selbst dann nur vier Tierheimhunde und ein Haushund,
an die Wurst heranzukommen.
Hilfe suchen statt selbstständig handeln
Nach
Ansicht von Udell und ihren Kollegen zeigt dies, dass Wölfe besser
darin sind, unabhängig Probleme zu lösen. Diese Fähigkeit scheinen Hunde
zumindest zum Teil eingebüßt zu haben. "Hunde sind hypersozial,
verglichen mit ihren wilden Gegenparts", erklärt Udell. "Ihre erhöhte
soziale Sensibilität könnte ihre Fähigkeiten zum unabhängigen
Problemlösen stören."
Oder
anders ausgedrückt: Hunde haben sich daran gewöhnt, sich auf den
Menschen und seine sozialen Signale zu verlassen. Vor ein Problem
gestellt, suchen sie daher bei ihm Hilfe, beispielsweise in Form einer
erhellenden Geste. "Hunde könnten gelernt haben, in Abwesenheit klarer
menschlicher Hinweise eher vorsichtig zu sein", meint Udell. "Das ist
langfristig beim Zusammenleben mit Menschen sicher ein Vorteil."
Die
Kehrseite ist allerdings, dass die Hunde auf sich allein gestellt
weniger gut klarkommen als ihre wilden Verwandten. Wenn darum geht,
Probleme selbstständig zu lösen, verlieren sie schnell die Lust. (Royal
Society Biology Letters, 2015; doi: 10.1098/rsbl.2015.0489)
(Royal Society, 16.09.2015 - NPO)
Nota. - Was das in der Konsequenz für die Pädagogik bedeutet, kann sich jeder selbst ausmalen. Da bedarf es keiner Interpretationshilfe.
JE
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