aus Der Standard, Wien, 1. September 2017, 06:00
Um acht Uhr in die
Schule:
Beginnt der Unterricht zu früh?
Viele Kinder können sich in der Früh noch nicht konzentrieren. Der
Grund: Sie sind chronobiologisch gesehen Spätstarter. Sollte die Schule
erst später beginnen?
Am kommenden Montag heißt es wieder früh aufstehen, zumindest für die
schulpflichtigen Kinder in Niederösterreich, Wien und im Burgenland.
Denn: Der Unterricht beginnt in den meisten Klassen um acht Uhr. Das ist
jahrzehntelange Praxis, die zu einem ungeschriebenen Gesetz wurde,
obwohl Schulen den Unterrichtsstart autonom nach hinten verschieben
könnten.
Chronobiologisch werden Menschen in nachtaktive "Eulen" und
frühaufstehende "Lerchen" unterteilt. Ob jemand eher morgens oder abends
zur Höchstform findet, ist grundsätzlich angeboren. Im Teenageralter
ähnelt der Schlafrhythmus aber verstärkt jener von "Eulen". Der
Wissenschaft zufolge würden deshalb etwa 70 Prozent der Jugendlichen von
einem späteren Unterrichtsbeginn profitieren.
Die meisten Hirn- und Schlafforscher sind sich einig: Ideal wäre ein
Unterrichtsbeginn erst um neun oder zehn Uhr. Das haben Studien gezeigt.
Eine Untersuchung an einer US-Highschool in Rhode Island kommt etwa zu
dem Ergebnis, dass selbst Schüler, die morgens nur eine Viertel- oder
halbe Stunde länger schlafen können, psychisch besser drauf sind.
Schule und Beruf vereinbaren
Wer gegen seine "innere Uhr" lernt und arbeitet, ist nicht nur weniger
produktiv, sondern riskiert auch gesundheitliche Probleme. Chronischer
Schlafmangel kann Wachstumsstörungen, Fettleibigkeit und Depressionen
fördern, betonen Forscher.
In Schweden und Großbritannien hat die Politik schon vor Jahren
reagiert. Die Schulen beginnen dort erst um neun Uhr. Besonders Kinder
zwischen sechs und zehn Jahren sind dadurch leistungsfähiger, so das
Argument. Ein nicht zu unterschätzendes Problem dabei: Der "Eulenmodus"
lässt sich häufig nur schwer mit dem Berufsleben der Eltern vereinbaren.
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