Donnerstag, 11. Januar 2018

Heißa, die Zwangstagsschule bringt Rendite!

daf-mag.fr 
aus FAZ.NET, 11. 1. 2018

So lohnt sich der Ausbau der Ganztagsschule erheblich
Mehr Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern ist zu teuer? Nein, sagen Volkswirte, denn ein Ausbau wirke sich positiv auf die Wirtschaft aus. Das steckt dahinter.  

Von Redakteurin in der Wirtschaft

Der Grund: Durch eine längere Betreuung von Grundschulkindern könnten mehr Mütter und Väter ihre Berufstätigkeit im gewünschten Umfang ausüben. Sie würden so mehr Einkommen erzielen, was sich wiederum in der Währung höherer Steuern und Sozialabgaben gesamtwirtschaftlich auszahlte – und die Kosten überkompensieren würde.

Eltern stoßen an ihre Grenzen

Die Betreuung von Grundschulkindern gilt als nächste große Baustelle in der Betreuungsinfrastruktur in Deutschland. Denn mittlerweile sind die Kleinen besser versorgt als die Großen. Schon ab einem Jahr gibt es einen Betreuungsanspruch, Kindergartenkinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren sind beinahe flächendeckend betreut. Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat das Müttern und Vätern viel gebracht.


Bloß: Immer häufiger stoßen arbeitende Eltern an ihre Grenzen, wenn das Kind in die Grundschule kommt. Den aktuellen IW-Berechnungen zufolge herrscht hierzulande ein Gesamtbedarf von 330.000 zusätzlichen Plätzen für Grundschulkinder, deren Schultag teilweise schon vor 12 Uhr endet.

Bild: F.A.Z.

Würden die Betreuungszeiten so stark ausgeweitet, dass Eltern von Grundschulkindern bis abends und samstags arbeiten gehen könnten, so ergäben sich dem Gutachten zufolge je Familie sieben zusätzliche Arbeitsstunden in der Woche. Das führe zu Mehreinnahmen für die Sozialversicherungen in Höhe von ungefähr 2900 Euro im Jahr und zu Steuermehreinnahmen von 3260 Euro im Jahr. Hochgerechnet auf 330.000 Ganztagsschulplätze kommen die hohen Einnahmen von 2,1 Milliarden Euro heraus.

Aber auch bei einer Ausweitung der Arbeitszeit um nur vier Stunden je Woche (Betreuungszeiten bis 15 Uhr) ergäben sich demnach immerhin vier zusätzliche Arbeitsstunden je Familie und Woche. Das brächte 1811 Euro Steuermehreinnahmen im Jahr (siehe Tabelle).

Die Berechnungen beruhen allerdings dem IW-Bildungsfachmann Axel Plünnecke zufolge auf der Annahme, dass lediglich die Betreuungszeiten verlängert werden. So werden in diesem Szenario etwa Erzieher, statt der teureren und besser ausgebildeten Lehrer die Nachmittagsbetreuung übernehmen und am Nachmittag auch eher ein Freizeit- als ein Unterrichtsangebot zur Verfügung stellen – ähnlich der Angebote der „offenen Ganztagsschulen“ in Nordrhein-Westfalen.

„Es wäre schön, wenn die fiskalische Rendite, die ein Ausbau der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder brächte, von der künftigen Bundesregierung beachtet würde“, sagte Plünnecke FAZ.NET. Das sei ein wichtiges Anliegen an die Sondierer einer möglichen neuen großen Koalition. Denn neben der besseren Vereinbarkeit böte die längere Betreuung von Grundschulkindern auch die Chance auf eine bessere Integration von Kindern mit Migrationsgeschichte, sowie die Chance auf eine Bildungsrendite für Kinder aus eher bildungsfernen Familien.

Bildungsexperten hatten in diesem Zusammenhang allerdings zuletzt eher Forderungen aufgestellt, so genannte „gebundene“ Ganztagsangebote auszuweiten, bei denen auch am Nachmittag ausgebildete Lehrer den Unterricht übernehmen. Das wäre dann erheblich teurer.


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